Nach der ersten großen Solarbike-Tour von Mallorca nach Deutschland habe ich viele Daten und Erkenntnisse gesammelt und zig Ideen, was an meinem Prototypen, der inzwischen den liebevollen Namen „Kabelbinderexpress“ trägt, verbessert werden kann.

Meine Liste sah folgendermaßen aus:

  • Bessere Aerodynamik
  • Mehr Akkukapazität
  • Motor mit Rekuperation
  • Weniger Gewicht
  • Mehr Solarleistung
  • Bessere Gepäckstrategie

Schnell wurde klar, wenn ich all diese Punkte umsetzen wollte, würde ich so viele Zeit aufwenden müssen, dass ich gleich ein komplett neues Solarbike bauen könnte.

Zusätzlich zu dieser Feststellung kam der Fakt, dass meine Freundin den Wunsch äußerte, auch mit auf Tour gehen zu wollen. Also war klar, besser den „Kabelbinderexpress“ auf Vordermann bringen, Fahrfähigkeit herstellen und danach ein Solarbike Nr. 2 an den Start bringen. Die Wahl auf ein Second-Hand Handbike-Grundgestell bei Ebay Kleinanzeigen war schnell geschehen und schon stand ein neues Basismodell in Deutschland bereit zum Umbau. In Spanien lötete ich einen neuen Akku zusammen und ich versuchte, alle Punkte aus meiner obigen Liste umzusetzen. So fiel die Wahl auf einen 52V Akkusystem mit ca. 2kWh (vorher 36V, 1,6kWh) und auf den GMAC 10T Motor (vorher: Bafang G.020) mit dem Cycle Analyst CA3 als Steuergerät (vorher: Bafang). Der Cycle Analyst von Grin Technologies aus Kanada musste einen weiten, teuren Weg auf sich nehmen, es gibt inzwischen auch Distributoren in der EU, jedoch nicht für den Motor.

Der Cycle Analyst CA3 ist kurz zusammengefasst DAS Steuergerät für jegliche Art von elektrischem do-it-yourself Vehikel. Egal welche Spannung, Leistung, Geschwindigkeit und auch welche Zusatzelektronik von nöten ist, der Cycle Analyst ist Open Source und unterstützt zig Optionen. Der GMAC 10T-Motor besitzt ein Getriebe, hat also gutes Drehmoment und Wirkungsgrad bei niedrigen Drehzahlen und dank einer geschweißten Kupplung hat er auch die Fähigkeit zur Rekuperation. Dies ist eine seltene Kombination, denn fast alle anderen E-Bike Motoren haben entweder ein Getriebe und einen Freilauf (kann also keine Rekuperation), oder es ist ein Direktläufer (kein Getriebe, aber dafür Rekuperation). Der GMAC 10T erschien mir als der perfekte Kompromiss zwischen den Welten, jedoch hat auch dieser einen Preis: Der Freilauf ist nicht „frei“ und man dreht hier das Getriebe permanent mit. Der CA3 kann hier mit sog. „virtual freewheeling“ im Leerlauf einen Grundstrom auf den Motor legen, der den Motor und das Getriebe gefühlt ohne Widerstand weiter laufen lässt. Dies kostet natürlich Energie, allerdings liefert die Rekuperation auch nennenswerte Energie zurück und die Leerlaufmomente sind bei einem E-Handbike relativ selten, ähnlich wie bei einem Lastenrad, für das der GMAC 10T eigentlich konstruiert wurde.

Das neue Solarbike mit dem Namen „Racer“ besitzt ein absolutes Leichtgewicht-Dach und auch keinen zusätzlichen Unterboden, von daher wog der zusätzliche Alu-Aufbau gerade einmal 5kg. Auch das Gesamtgewicht der beiden fertigen Solarbikes zeigt einen deutlichen Unterschied:

  • Kabelbinderexpress: 65kg
  • Racer: 42kg

Hier der (tlw) geschätzte Vergleich der beiden Räder:

KabelbinderexpressRacer
Grundgestell15kg15kg
Akku12kg1kg
Dachkonstruktion15kg5kg
Solarzellen4,5kg4kg
Motor4kg3,8kg
Sonstiges14,5kg< 0,5kg
Summe65kg42kg

Woher kommt der große Unterschied? Unterm Strich ist es vor allem die Bauweise des Daches sowie der Grundkonstruktion. Der Kabelbinderexpress besitzt einen zusätzlichen Unterboden und ein mit 8mm Sperrholz gestütztes Dach wohingegen der Racer keinen zusätzlichen Unterboden und nur ein Rahmengestell am Dach verfügt.

Nach der ersten gemeinsamen Tour der beiden Solarbikes von Deutschland nach Mallorca steht fest, dass das Gewicht beider Solarbikes in Zukunft aufeinander zuwachsen wird: Der Racer wird noch zusätzliche Komponenten erhalten (stärkeres Solardach, ggf. kippbar, Bremsen hinten, bessere Gepäckaufnahme) und der Kabelbinderexpress wird vermutlich hin zu einer leichteren Bauweise entwickelt werden.